Ukraine Krieg

Stellungnahme zum Standpunkt des Ministerpräsidenten

Wir brauchen weiterführende Lösungsansätze

Entgegen verschiedenen Medienberichten steht der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer mit seiner Ansicht zum Agieren der Bundesregierung im Ukrainekrieg keineswegs allein. Vorausgegangen waren den Berichten seine Forderungen an die Bundesregierung kurz vor der Sommerpause.

Die Staatsregierung steht in der Pflicht, die Versorgung und Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Dazu bedarf es auch funktionierender diplomatischer Beziehungen und vor allem durchdachter Lösungsansätze, die nicht nur kurz- und mittelfristige Planungen ermöglichen, sondern auch langfristig und flächendeckend realisiert werden können.

Der sogenannte „Alarmismus“ ist für die Bevölkerung im Moment täglich spürbar. Die Meldungen in Presse und sozialen Medien zeichnen Katastrophenszenarien und lassen oft genug Verunsicherung und Ungewissheit zurück. Verständlicherweise und berechtigterweise haben die Menschen Angst. Lösungsansätze hingegen beschränken sich auf die Aufrufe zum Sparen und „Gürtel-enger-Schnallen“ oder das bundespolitisch forcierte Waffenliefern an die Ukraine und die Sanktionierung Russlands.

Wir brauchen jedoch weiterführende Lösungsansätze, die sowohl den Frieden in der Ukraine, als auch die Lage im eigenen Land sowie die auch zukünftig notwendigen Beziehungen zu Russland und den EU-Staaten berücksichtigen.

Unpopulär mögen sie sein, die Forderungen nach diplomatischen Verhandlungen mit einem Staatschef, der nicht vor einem Angriffskrieg zurückschreckt und diesen nach wie vor als „militärische Operation“ im eigenen Land bezeichnet. Unbestritten ist die Tatsache, dass die Angriffshandlungen Russlands auf die Ukraine, die ich nach wie vor aufs Schärfste verurteile, gegen jedes Völkerrecht verstoßen.

Aber Ministerpräsident Michael Kretschmer ist mit seiner Ansicht keineswegs im Alleingang unterwegs. Ich teile – ebenso wie zahlreiche weitere Abgeordnete und Bürgerinnen und Bürger, die mit mir ins Gespräch kommen – seine Meinung, dass Diplomatie das Gebot der Stunde ist. Militärische Unterstützung der Ukraine und Sanktionen gegen Russland sollten nicht die einzigen Möglichkeiten sein, die gedacht werden dürfen. Dies ist keineswegs eine „ekelerregende Anbiederung an Kriegsverbrecher Putin“, wie es der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk ausdrückt oder ein „Unverständnis, wie gefährlich Russland ist“ (FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai). Es geht vielmehr um das Bemühen, mit klaren Worten, Weitblick und Fingerspitzengefühl Lösungsansätze zu finden, die den Frieden in der Ukraine ermöglichen, ohne die wirtschaftliche Kraft in unserem Land zu riskieren. Daneben ist Fakt, dass Deutschland auch in Zukunft Beziehungen zur Ukraine, Russland, den EU- und NATO-Ländern pflegen und leben muss. Dazu sämtliche Brücken hinter sich abzubrechen halte auch ich dabei für keine gute Lösung.

Dietrich Bonhoeffer sagte einmal: „Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit und die Verantwortung gegenüber der Zukunft geben fürs Leben die richtige Haltung.“ Politisches Miteinander erfordert daher immer die Rückbesinnung auf die Vergangenheit und den Blick nach vorne. Nur wenn beides zusammenkommt, sind tragfähige Lösungen zu finden – im gesellschaftlichen, wie politischen Bereich gleichermaßen. Aus diesem Grund finden die Forderungen des sächsischen Ministerpräsidenten nach einer Rückkehr an den Verhandlungstisch meine Zustimmung und nach meiner Meinung auch die eines nicht geringen Teils der Bevölkerung hier in Sachsen.

Ihr Stephan Hösl