Merkel 1897320 1920

Angela Merkel: Ein Abschied in Ehren

„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ – dieser Satz von Ben Gurion, dem Gründervater des heutigen Israels, ist regelrecht übertragbar auf den Lauf des Lebens der scheidenden deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, zu dem stets ein Spagat gehörte.

1954 im Westen, in Hamburg als Angela Kasner geboren, übersiedelte sie wenige Wochen nach ihrer Geburt mit ihrer Familie in den Osten, die DDR und erlebt dort 35 Jahre später dank der friedlichen Revolution von 1989 die Zusammenführung von West und Ost in ein geeintes Deutschland – nicht ahnend, dass sie nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin die Regierungsverantwortung und wiederum den Spagat zwischen West und Ost tragen und realisieren würde.

Mit der höchsten Würdigung der Streitkräfte – dem Zapfenstreich – wurde am 02.12.2021 der gebührende Abschied eingeleitet. Auch hier wurde ein Spagat mit der Wahl von Nina Hagen und Hildegard Knef hörbar und mit dem Bekenntnis „Großer Gott, wir loben dich“ ein bewusster Schlusston gesetzt. Mit Dankbarkeit und Demut und in eigener Entscheidung scheidet Angela Merkel nach eigenen Worten aus dem höchsten Regierungsamt, das sie, wie keinen ihrer Vorgänger je zuvor, herausforderte. Sie war konfrontiert mit einer permanenten Abfolge von Krisen und gilt demzufolge berechtigterweise als „Krisenkanzlerin“: Bei Amtsantritt hatte Deutschland 5 Millionen. Arbeitslose, das niedrigste Wirtschaftswachstum in der EU. 2008 folgte die Finanzkrise, 2010 die griechische Schuldenkrise, 2015 die Flüchtlingskrise und nachfolgend die Corona-Pandemie. – In ausgesprochener Bescheidenheit, völlig unprätentiös, sehr bodenständig mit dem nüchternen Verstand einer Wissenschaftlerin, ausgesprochen fleißig und kenntnisreich und nicht zuletzt als lebhafte Gesprächspartnerin mit Haltung, Fassung und auch Charme hinterlässt Angela Merkel ein einzigartiges Erbe, das sie in 4 Legislaturperioden des Deutschen Bundestages entwickelte. Ich erinnere mich gern an eine persönliche Begegnung, in deren Gespräch sie mir die 2-Staatenlösung für Israel verständlich machte. Und nicht zuletzt galt sie als mehrfach ausgezeichnete stärkste Frau der Welt und als politisch klug agierende Regentin, insbesondere innerhalb der EU, die im Ausland manches Mal beliebter zu sein schien als im eigenen Land.

Der Bürgermeister von Angela Merkels einstiger Heimatstadt Templin resümiert zum Abschied von Angela Merkel, dass es in der Geschichte erfahrungsgemäß so sei, dass Persönlichkeiten, die erfolgreich waren, erst nach einigen Jahren richtig gewürdigt werden und man erst dann sieht, was für Spuren sie hinterlassen haben. Ein künftiger „Angela-Merkel-Platz“ sei deshalb gut vorstellbar.